1.1.1.1 Sprachgeschichte

  1. In seiner ältesten Sprachperiode war Niederdeutsch die Sprache des Sachsenstammes im Nordwesten Deutschlands. Es wird auch Altniederdeutsch oder Sachsensprache genannt und reichte vom 8. bis zum 11. Jahrhundert. In dieser Sprache entstand religiöse Literatur. Aus der Zeit von 820 bis 840 n. Chr. sind insbesondere die Stabreim-Bibeldichtungen „Heliand“ (Heiland) und „Genesis“ (letztere in Bruchstücken) überliefert.
  2. In seiner mittleren Sprachperiode, die vom 13. bis zum 16. Jahrhundert reichte, hatte Niederdeutsch seine größte Blüte. Das gilt besonders für die Zeit von 1350 bis 1500. Es war auch die Sprache der Hanse, war jetzt Handels-, Diplomaten-, Rechts- und Literatursprache. Für diesen Zeitraum gelten die Bezeichnungen Mittelniederdeutsch, auch Hansesprache. In dieser Periode entstand eine reiche niederdeutsche Literatur, insbesondere das Rechtsbuch „der sassen speyghel“ (Sachsenspiegel), das Tierepos „Reynke de Vos“ (Reineke Fuchs) und der Schwankroman „Ulenspegel“ (Eulenspiegel).
  3. In seiner jungen Sprachperiode seit dem 17. Jahrhundert ist Niederdeutsch von der hochdeutschen Sprache überdacht. Für diese Zeit gelten die Bezeichnungen (Neu)niederdeutsch und Plattdeutsch. Es lebt vor allem mündlich fort, woraus sich manche Eigenart des Plattdeutschen erklärt. Seit dem 19. Jahrhundert gibt es wieder eine beachtliche niederdeutsche Literatur. Lyrik von Klaus Groth („Quickborn“) und Romane von Fritz Reuter („Ut mine Stromtid“, „Ut de Franzosentid“) sind die bekanntesten (neu)niederdeutschen Werke.